Wairarapa - Tag 1
17. Februar 2024 • 8 Minuten • 1678 Wörter • Andere Sprachen: English
Inhaltsverzeichnis
Am nächsten Morgen haben wir ausnahmsweise mal ausgeschlafen, da die Brauereiführung, an der wir teilnehmen wollten, erst um 11:30 Uhr losging. Wir frühstückten gemütlich auf dem Parkplatz mit Blick auf das Holly… äh Tuiwood-Schild.
Bevor die Tour startete, füllten wir noch unser Frischwasser auf, das von der Brauerei netterweise bereitgestellt wurde.
Tui Brewery
Zu Beginn der Tour erhielt jeder von uns erstmal einen Mangatainoka “Reisepass”, mit dem wir uns später Bier und Souvenirgläser abholen konnten.
Anfangs waren wir die Einzigen bei der Führung, aber nach einer Weile gesellte sich noch ein Paar zu uns. Wir erfuhren erst etwas Allgemeines über die Geschichte der Brauerei, bevor wir uns gemeinsam auf den Weg nach draußen machten. Von dort aus sahen wir den Turm, in dem - angefangen im Jahr 1889 - ursprünglich mit Hilfe der Schwerkraft das Bier gebraut wurde.
Später wurde die Brauerei in das alte, anliegende Gebäude verlegt, in welchem etwa 100.000 Liter pro Tag gebraut wurden. Da beides nicht mehr in Stand gehalten wurde, konnten wir leider nur die zuletzt aktive Mikrobrauerei von innen sehen, die sich in einem weiteren Gebäude befand.
Die von Bavarian Brewing Systems ausgestattete Brauerei stellte ihre Produktion jedoch auch 2021 ein, da sie von Heineken aufgekauft und die Produktion nach Auckland verlegt wurde.
Auf den Flaschen der Brauerei ist zu lesen, dass Henry Wagstaff am Mangatainoka River (an dem wir auch zuvor geschlafen hatten) eine Rast eingelegt und das Wasser dieses Flusses für seinen Tee benutzt habe. Ursprünglich wollte er Käse herstellen, aber von der Qualität des Wassers begeistert habe er beschlossen, an diesem Fluss eine Brauerei zu errichten, um das Wasser künftig zum Brauen zu verwenden.
Das Markenzeichen von Tui ist der in Neuseeland bekannte gleichnamige Vogel.
Nach der Tour holten wir uns noch die kostenlose Bierprobe ab und bestellten eine Pizza als Snack dazu. In der Zwischenzeit war der Biergarten zum Mittagessen schon ziemlich voll geworden, aber wir fanden noch einen freien Tisch im Schatten.
Bevor wir uns wieder auf den Weg machten, holten wir uns noch die (zufällig letzten) Gläser mit der Aufschrift “Stolen from Tui Brewery” ab - ein weiteres Souvenir, das wir irgendwann mal gut im Koffer verpacken werden müssten.
Unser nächstes Ziel lag ganz im Süden der Nordinsel, wohin wir von hier aus fast 2 Stunden unterwegs waren. Anfangs führten mal wieder die typischen, gefühlt endlos langen, geraden Straßen durchs Flachland, bis sich irgendwann in der Ferne Berge abzeichneten.
Das letzte Stück vor der Küste schlängelte sich die Straße durch Hügel hinab bis ans Meer.
Cape Palliser
Die Straße auf der wir uns befanden wird Cape Palliser Road genannt, nach dem Kap zu dem sie führt. Cape Palliser, in der Sprache der Māori Matakitakiakupe genannt, ist ein Kap an dem südlichsten Punkt der Nordinsel von Neuseeland. Cape Palliser wurde von dem britischen Seefahrer und Entdecker Captain James Cook auf seiner ersten Südseereise (1768–1771) nach seinem Protegé Hugh Palliser benannt.
Die Straße führte direkt an der Küste entlang und wir stießen mal wieder auf die hier beliebten einspurigen Brücken, um die Flüsse zu überqueren, die ins Meer fließen. Das Wetter war perfekt und die Landschaft atemberaubend, weshalb wir immer wieder stehen blieben, um Fotos zu machen und den Ausblick zu genießen.
Wir fuhren stellenweise direkt zwischen den Klippen und dem Meer, wo an der ein oder anderen Stelle auch Erdrutsche bereits die ehemalige Straße verschüttet hatten. Dort war zwar eine neue Straße angelegt worden, aufgrund von wiederholter Erdrutschgefahr waren jedoch Warnschilder angebracht, dass man sich nicht zu lange aufhalten sollte.
Von dort aus zweigte auch ein Weg in Richtung der Putangirua Pinnacles ab - eine fast außerirdisch wirkende Landschaft, die Drehort für den Pfad der Toten im 3. Teil der Herr der Ringe-Trilogie war. Der Weg dahin wurde leider Anfang letzten Jahres auch durch einen Erdrutsch verschüttet und ist deswegen offiziell gesperrt.
Online hieß es aber, dass es trotzdem möglich war, dorthin zu gehen. Da wir hier aber noch andere Sachen anschauen wollten, hatten wir überlegt, das auf dem Rückweg auszuprobieren und fuhren daher erstmal weiter.
Um die nächste Landzunge führte eine auch sehr coole Felswand, die wir schon länger von Weitem gesehen hatten. Die sogenannte Whatarangi Bluff ist eine bemerkenswerte, erodierte Kalkstein-Klippe direkt an der Küstenstraße.
An dieser Stelle war die Straße so drastisch erodiert, dass sie mittlerweile weiter nach innen verlegt werden musste, da der Bereich außerhalb der Leitplanken bereits vollständig erodiert ist.
Den restlichen Weg über befand sich etwas mehr flaches Land an der Küste, bevor sich die Berge links von uns erhoben. Bevor wir das kleine Fischerdorf Ngāwī durchfuhren begrüßten uns bereits ein paar Schafe neben und auf der Fahrbahn, die dann aber zum Glück von selbst zur Seite gingen. Irgendwann ging die geteerte Straße dann in Schotter über, der aber verhältnismäßig gut zu befahren war.
Die Landschaft allein war hier schon unglaublich schön, aber hier am Kap gab es noch mehr zu sehen.
Ngāwī Seal Colony
Am Kap befindet sich nämlich eine der größten Kolonien der Neuseeländischen Pelzrobben (Kekeno) auf der Nordinsel. Kekenos sind die am weitesten verbreiteten Robben Neuseelands.
Von hier aus hatte man einen guten Blick auf einen weiteren, interessanten Felsen: Kupe’s Sail. Er erhebt sich direkt von der Küste, in einem Winkel von rund 45° ansteigend, bis auf etwa 100 m Höhe. Seine zur Küste geneigte Fläche ist eben und rund 120 m breit.
Der Māori Name des Felsens ist Ngā-Rā-o-Kupe (Das Segel von Kupe). Einer Legende nach übernachtete Kupe, der Entdecker von Neuseeland, mit Ngake, einem Drachen, an der Küste in der Nähe von Cape Palliser. Sie gerieten in Streit um wer am schnellsten ein Kanusegel erschaffen könnte. Kupe gewann den Wettstreit. Das Resultat stellt der besagte Felsen dar, der einem Segel gleicht.
Geologisch gesehen stellt der Felsen eine Diskontinuität dar, denn er entstammt der Kreidezeit. Cape Palliser, zu dem dieser Felsen geologisch gesehen gezählt wird, besteht aus Kissenlava, die sich vor rund 100 Millionen Jahren unterseeisch gebildet hat. Vor rund 15 Millionen Jahren hatte sich in der Meeresumgebung eine fossilführende Sandsteinschicht gebildet. Anschließend wurde die Schicht gehoben, aufgeworfen und ist zu dem heutigen Felsen erodiert.
Wir spazierten etwas über die Felsspitze an der Küste, die übersäht von unzähligen Robben war. Die Pelzrobben in Neuseeland haben spitze Nasen, lange Schnurrhaare, außenliegende Ohren und zwei Lagen Pelz. Sie brüten von Mitte November bis Mitte Januar, weshalb wir Glück hatten aktuell super viele Babys sehen zu können.
Die Population der Neuseeländischen Seebären bzw. Pelzrobben wurde in der Zeit des kommerziellen Robbenfangs im 19. Jahrhundert fast ausgerottet, hat sich seitdem aber stark erholt.
Da die Sonne schon relativ tief stand, blendete sie uns ziemlich und wir überlegten, am kommenden Morgen nochmal hierher zu kommen. Das letzte Ziel des Tages war nun nur noch der Leuchtturm am Cape Palliser, der sich am Ende der befahrbaren Straße befand.
Cape Palliser Lighthouse
Wir fuhren noch das letzte Stück mit dem Auto bis zum Parkplatz am Fuß des Leuchtturms. Von dort aus führten 252 Stufen bis ganz nach oben.
Es war zwar ein sehr steiler Aufstieg über die zahlreichen Stufen, aber immer noch besser, als der ursprüngliche Weg nach oben. Seit 1897, als der Leuchtturm in Betrieb genommen wurde, benutzte der Leuchtturmwärter einen rutschigen, engen Pfad an der Felswand, der besonders nachts gefährlich war. 1912 wurde dann eine Treppe mit zumindest einem Handlauf installiert und erst 2020 dann der zweite Handlauf sowie die Plattform ganz oben.
Oben erwartete uns eine tolle Aussicht auf das Meer und die weitere Küste. Hinter dem Parkplatz führte nur noch ein Schotterweg weiter über privates Land, auf dem gerade zwei Quads unterwegs waren.
Laut Polarsteps war dies der am weitesten entfernte Punkt von Deutschland, an dem wir uns bisher befanden hatten, mit den Koordinaten von 41° 36,8’ S, 175° 17,4’ O.
Der Turm aus Gusseisen ist 18 m hoch und befindet sich 78 m über dem Meeresspiegel. Das Licht blinkt alle 20 Sekunden zwei Mal und ist aus einer Entfernung von 26 Seemeilen (48 km) sichtbar.
Die 1000-Watt-Lampe wird seit 1967 mit Netzstrom betrieben, nachdem das Licht ursprünglich mit Öl als Lichtquelle brannte. 1986 wurde das Licht vollständig automatisiert und der Leuchtturmwärter wurde abgezogen. Der Betrieb des Lichts ist nun völlig automatisch und wird von einem Computer sowie von Mitarbeitern der Maritime NZ in Wellington überwacht - der Hauptstadt von Neuseeland, die westlich von hier liegt.
Dieser Teil der Küste war einst bekannt für die vielen Unglücke, die sich hier abspielten - im 19. Jahrhundert sanken hier insgesamt ungefähr 20 Schiffe.
Außer uns befanden sich hier noch wenige weitere Menschen, die sich jedoch schon bald wieder an den Abstieg machten. Sobald sie weg waren, packten wir die Drohne aus und ließen sie steigen.
Nach ein paar coolen Videos und leeren Akkus machten wir uns dann auch wieder an den Abstieg und auf in Richtung Schlafplatz.
Wir fuhren auf dem Rückweg nochmal durch das süße Fischerdorf Ngāwī, an dessen Strand sich eine Vielzahl an bunten Traktoren und Raupen befanden. Sie wurden scheinbar von den Einwohnern dazu benutzt, ihre Boote in und aus dem Wasser zu bewegen.
Außerhalb des Dorfes befand sich ein großer kostenpflichtiger Campingplatz, aber direkt an der Küste durfte man auch kostenlos stehen bleiben.
Ngāwī Camping
Ursprünglich war es gar nicht geplant gewesen, hier in der Ecke zu schlafen. Da die Sonne aber schon am Untergehen war und die Aussicht traumhaft, blieben wir hier. Um zumindest noch die letzten Sonnenstrahlen einzufangen, stellten wir unsere Solarplatte auf, bevor wir alles herrichteten.
Wieder Mal mit Kofferraum in Richtung Meer könnte der Schlafplatz fast nicht schöner sein.
Außerdem ließ die untergehende Sonne die Berge hinter uns in goldenem Licht erstrahlen.
Zum Essen gab es wieder gegrillte Sandwiches, die mindestens genauso gut wie die Aussicht waren.
Als die Sonne unter dem Horizont verschwunden war, konnten wir zum ersten Mal die Umrisse der Südinsel in der Ferne erkennen. Daneben hatte sich eine grell-pinke Wolke verirrt, die extrem unnatürlich aussah.
Zum Schluss wurden die Berge auch noch rosa angeleuchtet und mit den grasenden Schafen auf der Weide sah die Szenerie echt idyllisch aus - und definitiv besser, als es auf dem Campingplatz der Fall gewesen wäre.